Hallo,
heute möchte ich euch den Fund eines Freundes vorstellen, den ich für ihn gereinigt und identifiziert habe. Ist aus meiner Sicht ganz interessant, da er dem näheren Umfeld einer konkreten Person zugeordnet werden konnte. Deshalb und weil Weihnachten vor der Tür steht, erzähle ich euch heute mal eine etwas längere Geschichte aus der Welt der Fundbestimmung.
Hier seht ihr den Knopf nach der Reinigung:
Wichtig ist zunächst mal der Fundort: Ein Acker in Weimar/Thüringen (übrigens ohne Detektor am Feldrand beim spazieren gefunden!)
Ganz grob hatte ich den Fund erst mal auf das 18. oder 19. Jahrhundert datiert. Damit ist die Krone über dem Wappen von Bedeutung, da sich zu dieser Zeit bereits in ganz Europa eine feste Rangkronensystematik etabliert hatte. (Vorsicht: Jedes Land hatte seine eigene Systematik.)
Nach dem deutschen Rangkronensystem handelt es sich bei einer Krone mit sieben perlenbesetzten Zacken um den Adelsrang eines Freiherrn. Damit hat man schon mal eine schöne Einschränkung bei der Suche nach der Adelsfamilie mit diesem Wappen.
Was bei der Betrachtung des Wappens sofort auffällt, ist der seltsame Tierkopf, der zweimal im Wappenschild auftaucht. Erst dachte ich, es sei ein Stier, aber die Hörner entpuppten sich bei näherem Hinsehen als Ohren!
Welches Tier hat so lange Ohren? Da kommt eigentlich nur ein Esel in Frage. Tierdarstellungen in Wappen zeigen im Allgemeinen meist edlere oder stärkere Tiere wie Pferde, Bären, Löwen etc., also wie kommt jemand auf die Idee, einen Esel in sein Wappen aufzunehmen?
Nach einigem Grübeln kam ich endlich auf die zündende Idee und zwar dass es sich vermutlich um ein "sprechendes Wappen" handeln könnte. Das bedeutet, dass der "Esel" Bestandteil des Namens der gesuchten Adelsfamilie sein könnte.
So, jetzt hatte ich genug Futter für eine Suche im Internet. Suchbegriff: "Freiherr von esel"
Und siehe da, das Internet spuckte mir folgendes Wappen aus:
Bei dem Wappen handelt es sich um das der Familie Riedesel Freiherren zu Eisenbach. Das ist hessischer Uradel.
Der Name "Riedesel" erklärt im übrigen auch die drei Gebilde, die jeweils am Maul des Esels erkennbar sind. Dabei handelt es sich nicht um Flammen oder irgendwelche Kolben, sondern um eine Schilfrohrpflanze, die "Ried" genannt wird.
So, jetzt bleibt noch die Frage, wie der Knopf mit dem Wappen einer hessischen Adelsfamilie auf einen Acker in Weimar kommt. Da es in Hessen auch einen Ort namens Weimar gibt, würde man vielleicht vermuten können, der feine Herr sei einfach nur in die falsche Kutsche gestiegen - aber das erweist sich bei näherer Betrachtung natürlich eher als Blödsinn.
Die eigentliche Frage war also, ob es im 18. oder 19. Jahrhundert eine Verbindung zwischen Weimar in Thüringen und einem Spross der Familie Riedesel gab.
Und wie sich herausstellte, gab es tatsächlich eine solche Verbindung:
Karl Georg Freiherr von Riedesel zu Eisenbach (1785–1854) war Landmarschall des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach! Bingo!!!
Landmarschall ist ein politisches Amt und entspricht in etwa dem eines Landtagspräsidenten. Riedesel war der erste Landtagspräsident im Großherzogtum Sachsen Weimar Eisenach. Die erste Landtagssitzung fand unter seiner Leitung am 22. Februar 1829 statt. Man kann also davon ausgehen, dass sich der hier vorgestellte Knopf in den Jahren nach 1829 von der Jacke des recht bedeutenden Herrn oder der eines seiner Diener gelöst haben muss.
Dass eine so konkrete Zuordnung bei einem Knopf möglich ist, finde ich ziemlich spannend und hoffe euch damit ebenfalls ein wenig unterhalten zu haben.
Viele Grüße
Erdmann